© Kleine Zeitung, 17. März 2019, von Eva Maria Scharf
Ab 2. April wird der Villacher Hauptplatz für Radfahrer geöffnet. Erlaubt ist Fahren im Schritt-tempo. Bis Jahresende wird evaluiert.
Fast drei Jahre ist es her, dass das Fahrradfahren in der Villacher Innenstadt in Fußgängerzonen und auch gegen Einbahnen erlaubt wurde. In einer Testphase wurde damals, am 14. April 2016, für die Widmanngasse, den östlichen Teil der Leitegasse, den Kaiser-Josef-Platz, die Bambergergasse und die Lederergasse grünes Licht erteilt. In der Moritschstraße auf Seite des Parkhotels und in der Gerbergasse Richtung Hauptplatz darf seither sogar gegen die Einbahn gefahren werden. Eine Evaluierung stellte dem Versuch ein positives Zeugnis aus, die Freigabe wurde verlängert. Nun folgt der nächste Testlauf – es ist ein äußerst umstrittener: Der Villacher Hauptplatz, bisher eine Tabuzone für Radfahrer, wird ab 2. April bis Jahresende für Radfahrer geöffnet. Erlaubt ist das Fahren im Schritttempo, Raser werden abgestraft. „Neue Verkehrsschilder werden angebracht, das Projekt durch Aufklärung und Kontrollen begleitet und Unternehmer, die Schanigärten haben, befragt und berücksichtigt“, sagt Bürgermeister Günther Albel (SPÖ).
Seiner überraschenden Entscheidung, die auf Expertenmeinungen zurückzuführen wäre, gingen lange Debatten voraus. Schon vor mehr als zehn Jahren forderten Grüne und später auch die ÖVP die Freigabe des Platzes, um die Stadt radfreundlicher zu machen. SPÖ und Polizei winkten wegen der „Gefahr durch das Gefälle am Hauptplatz“ jahrelang ab. „Wir wollen dem Ganzen eine Chance geben, werden aber engmaschig kontrollieren. Es wird vom Verhalten der Radfahrer abhängen, ob der Test- lauf Erfolg hat“, sagt Stadtpolizeikommandant Erich Londer, der eigene Schwerpunktaktionen ankün- digt. Die Strafe für zu schnelles Fahren liegt bei 25 Euro. Für Telefonieren am Rad zahlt man 50 Euro, für freihändiges Fahren zehn Euro.
Die Unternehmer blicken dem Testbetrieb großteils positiv entgegen. Für Villachs Fahrradexperten Ronald Messics ist die Freigabe ein wichtiges Signal: „Die Stadt spricht sich für das Radfahren aus, die Innenstadt wird belebt und die direkte Anbindung vom Bahnhof zur Infineon wird verbessert.
„Wir werden kontrollieren. Die Strafe für Rasen liegt bei 25 Euro, für Telefonieren am Rad bei 50 Euro.“ Erich Londer, Polizeikommandant
Chronologie Einer Jahrelangen Diskussion
Oktober 2007. Die Grünen fordern die Freigabe des Hauptplatzes für Radfahrer von 22 bis 8 Uhr früh. Die SPÖ winkt ab. Der damalige Verkehrsreferent Richard Pfeiler (SPÖ) verweist auf „das Gefälle, das zum Rasen verleitet“.
Juni 2010. Die Grünen versuchen es erneut, der Gemeinderat lehnt ab. Auch Hauptplatz-Unternehmer sprechen sich wegen ihrer Schanigärten dagegen aus. Ein eigener Radstreifen am Hauptplatz ist im Gespräch, die Idee wird schnell verworfen. Radfahrverbände sprechen Villachs Innenstadt ein schlechtes Zeugnis aus.
April 2012. Der damalige Bürgermeister Helmut Manzenreiter (SPÖ) hält am Fahrverbot fest. Auch die Einbahnen rund um den Hauptplatz und die „Einfahrt verboten“-Schilder sollen bleiben: „Das wäre nur mit enormem Aufwand radfahrgerecht zu machen“, sagte er damals.
April 2016. Einbahnen und Fußgängerzonen werden für Radfahrer im Testbetrieb freigegeben. Der da‐ malige Verkehrsreferent Peter Weidinger (ÖVP) betraut die TU Wien mit der Evaluierung. Der Haupt‐ platz bleibt tabu. Auch die Polizei sieht dort eine zu große Gefahr.
Juli 2016. Die TU Wien schlägt eine Öffnung des Hauptplatzes von 6 bis 10 Uhr und von 16 bis 20 Uhr vor. Grüne und ÖVP fordern eine Freigabe, die SPÖ winkt weiter ab.
Oktober 2016. „Aktion scharf“ der Polizei gegen Radfahrer regt auf. Eine Umfrage der Kleinen Zeitung zeigt unterdessen: 70 Prozent wünschen eine Freigabe. Die SPÖ lehnt ab.
April 2018. Bürgermeister Günther Albel (SPÖ) schlägt einen neuen Kurs ein. Er will den Hauptplatz ab April 2019 im Testbetrieb bis Jahresende für Radler freigeben.